Löhne. Im anhaltenden Konflikt um die wiederholten Befangenheitstatbestände und Rechtswidrigkeiten bzw. Verstöße gegen die Gemeindeordnung im Rahmen der Löhner Stadtratssitzungen „lässt die LBA nicht locker“. – Nachdem Landrat Müller (SPD) wohl Unregelmäßigkeiten konzediert hatte, aber keine konkrete Konsequenzen einforderte, wendet sich die Löhner-Bürger-Allianz (LBA) nun an die Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling (CDU).
Sie wird vom Fraktionsvorsitzenden Dr. Hermann Ottensmeier aufgefordert, im Rahmen ihrer Aufgabe als Kommunalaufsicht die Streitpunkte zu klären und einzugreifen.
Der Sachverhalt:
In den letzten Monaten gab es mehrfach die Situation, dass die Löhner Ratsmitglieder Robert Wiehofsky (Fall A) und Burkhard Schröder (Fall B) ausweislich der Gemeindeordnung NRW als befangen einzustufen waren. Dennoch haben selbige an entsprechenden Beratungen aktiv teilgenommen (z.B. Rat 9.11.’22 > Robert Wiehofsky; Rat 14.12.’22 > Burkhard Schröder; SportA 17.11.’22 > Burkhard Schröder), ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen hatte.
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Der Gesetzgeber fordert, Befangenheitstatbestände im Rahmen der Rats- und Ausschussarbeit als Betroffene erkennbar zu machen. Gegen diese Pflicht wurde verstoßen. Ein rechtskonforme Wiederholung (= Heilung) erfolgte nicht. Welche Konsequenzen hat es, wenn die Betroffenen ihre Befangenheit gar nicht oder zu spät anzeigen? Welche Konsequenzen hat es, wenn der Bürgermeister oder das zuständige Kollegialorgan den Befangenheitstatbestand ignoriert, obwohl der Bgm. ausdrücklich darauf hingewiesen wurde?
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Ausweislich eines Vereinsregister-Auszuges vom 10.2.2023 war das Ratsmitglied Schröder – entgegen seiner wahrheitswidrigen Erklärung, wo nach er angeblich kein Vorstandsmitglied mehr sei – noch nach Monaten Vorstandsmitglied des SC Aquarius, ebenso seine Gemahlin Iris Schröder. Damit war er nach GO NRW § 31 Abs. 4+5 in doppelter Hinsicht befangen. Weshalb durfte er – vom Bürgermeister unbeanstandet – dennoch an allen Beratungen (siehe oben) zur Thematik Hallen-/Freibad teilnehmen, obgleich der Bürgermeister aus Ratsmitte auf die Befangenheitslage hingewiesen wurde?
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War es rechtens, dass der Bürgermeister auf die beschlussmäßige Feststellung der Verstöße gegen die Offenbarungspflicht [siehe GO NRW § 31, Abs. 4; § 43, Abs. 2] eigenmächtig verzichtet und auch keine Abstimmung des Rates zuließ, obwohl der Gesetzgeber ausdrücklich die schriftliche Feststellung fordert und diesbezügliche Ratsbeschlüsse verlangt?
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Ist Bürgermeister Poggemöller berechtigt, abhängig von seiner persönlichen Nähe zu den Verletzern der Befangenheit – beispielsweise bei Personen, mit denen er in „Duz-Bruderschaft“ verbunden ist, oder bei Genossen der eigenen Partei – auf Sanktionen zu verzichten, oder aber hat er sich gegenüber allen Akteuren – ohne Ansehen der Person – in gleicher Weise rechtskonform zu verhalten?
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Ist der Bürgermeister verpflichtet, die versäumten Befangenheits-Feststellungen alsbald in einer Ratssitzung nachzuholen? [siehe Landrat Müller: „Als Heilung kommt grundsätzlich nur die fehlerfreie Neuvornahme des Beschlusses in Betracht.“]
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Der Landrat des Kreises Herford argumentiert in seinem – undatierten – Schreiben [Az. StB I Bir] „Sofern es Streitigkeiten [.]gibt, ob ein Ausschlussgrund tatsächlich vorliegt, hat das zuständige Kollegialorgan (S.B. der Rat) zu entscheiden.“
Diese Position wird geteilt. –
Dessen ungeachtet hat der Löhner Bürgermeister exakt diese Regelung missachtet, indem er sich weigerte, in der fraglichen Ratssitzungen genauso wie von Landrat Müller herausgestellt, d.h. entsprechend der GO, zu verfahren. Unklar bleibt, weshalb der Landrat diese Regelung der GO zutreffend zitiert, herausstellt aber deren Missachtung akzeptiert, nicht rügt bzw. auch nicht nachträglich einfordert.
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In obigem Schreiben vertritt Landrat Müller die Position, dass eine Neuvornahme nur erforderlich sei, wenn die Mitwirkung der befangenen Person für das Abstimmungsergebnis entscheidend – Er übersieht dabei, dass in der einschlägigen Kommentierung diese, seine Position durchaus strittig ist:
„Nicht ganz eindeutig erscheint immerhin, ob zumindest die weitere Mitwirkung eines befangenen Ratsmitgliedes im Rahmen eines Entscheidungsprozesses nicht doch als Störung der Mandatsausübung nichtbefangener Ratsmitglieder gesehen werden muss, gegen die der innerorganisatorische Störungsbeseitigungsanspruch in Stellung gebracht werden kann (vgl. Suerbaum JuS 1994, 424 (330). Denn immerhin wird der dem nicht befangenen Ratsmitglied zukommende Debattenanteil quantitativ und qualitativ durch die Mitwirkung Befangener womöglich beeinträchtigt.“ [Dietlein in: BeckOK KommunalR NRW, Stand: 1.12.2022, § 31 GO NRW Rn. 62 + 53] -
Befangenheit ist durch Beschluss festzuhalten Landrat Müller führt in seinem Schreiben aus, dass die Befangenheit hinsichtlich der Ehefrau des mitwirkenden Ratsmitgliedes Schröder unrelevant sei, da kein „unmittelbarer Vorteil“ gegeben sei. Die Gemeindeordnung unterscheidet nicht zwischen einer „mittelbaren und unmittelbaren“ Befangenheit. Sie sieht eine Befangenheit „wenn die Entscheidung einer Angelegenheit (1.) ihm selbst,( 2.) einer seiner Angehörigen […] einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.“ Sowohl das Ratsmitglied Schröder als auch seine Ehefrau waren zum fraglichem Zeitpunkt – ausweislich des Vereinsregisters – Vorstand des „SC Aquarius“. Dem widersprechende Rücktrittsdokumente existieren nicht, es erfolgte lediglich ein Zuruf des Befangenen, der seinen angeblichen Rücktritt behauptete.
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Insbesondere sollte Bürgermeister Poggemöller darauf hingewiesen werden,
a) dass sein Verhalten – zukünftig – der GO zu folgen hat,
b) und das die Missachtung der Gemeindeordnung im konkreten Falle durch ein ordnungsgemäßes, rechtskonformes Verfahren zu heilen ist.
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